Familienjournal vom 30.März 2008

Ein ehemaliger Landwirt errichtete in Schleswig-Holstein einen einzigartigen Freizeitpark

Glänzende Kinderaugen machen süchtig, schwärmt Christian Christiansen. Der 70-jährige ehemalige Landwirt muss es wissen: Seit mehr als 20 Jahren betreibt er in dem 700-Seelen-Ort Joldelund in Schleswig-Holstein den wohl einzigen selbstgebauten Freizeitpark Deutschlands.

Wenn Bauer Christiansen auf die Tube drückt, bleibt kein Auge trocken.
Die Feuerwehrglocke läutet Alarm, der Motor brüllt auf, und die Kinder jauchzen vor Freude, wenn ihre Feuerwehrhelme im Rhythmus der Wiesenpiste auf und ab hoppeln.
Die herrliche Fahrt rund um die staubige «Renn-strecke« hinter seinem Hof in Joldelund am Rande der Holsteinischen Schweiz ist der Höhepunkt eines ausgelassenen Nachmittags auf dem »Kindererlebnishof« von Bauer Christian Christiansen.
Hier, kurz vor der deutsch-dänischen Grenze, ist der Spaß noch von Hand gemacht. Denn der stolze mehrfache Urgroßvater hat alle Attraktionen wie Spielscheune, Karussells, Streichelzoo und Kinder-autobahn höchstselbst gebaut.

Der Charme der guten alten Zeit

Seit mehr als 20 Jahren belustigt Christian Christiansen Kinder.
Bis zu 4000 kommen jede Saison auf den idyllischen Hof, der im Schatten der 800 Jahre alten Kirche von Joldelund den Charme der «guten alten Zeit« versprüht.
Dabei fing alles ganz klein an: »Meine Enkeltochter Sandra ist schuld«, erzählt der rührige 70-Jährige und nickt mit seiner braunen Cordmütze in Richtung einer jungen Frau, die mit ihren beiden kleinen Jungs am Rande der Treckergarage steht.
»Die hat im Kindergarten immer dermaßen mit ihrem Opa und seinem Hof angegeben, dass mich eines Tages eine Erzieherin anrief und fragte, ob sie mit ihrer Gruppe mal vorbeikommen dürfe«, erinnert sich der Landwirt.
»Die Kinder hatten dann so einen Spaß, dass ich dachte: Mensch, das könnte eine Marktlücke sein.«

Die Enkel sollten es besser haben

War es wohl auch. Denn Christian Christiansen musste ja nicht bei null anfangen, als 1982 der erste Kindergarten auf der Matte stand.
Er selbst hatte seinen Vater bereits im Krieg verloren und tauchte somit in einem Alter ins rauhe Leben der Küstenbauern ein, als andere noch mit Brummkreisel und Knickern spielten.
Mit 19 musste er den Hof übernehmen, er heiratete und hatte »kaum Zeit für die eigenen drei Kinder«, wie er sagt. Seine Enkel sollten es einmal besser haben, so sein Vorsatz.
Das 700-Seelen-Nest Joldelund hatte Kindern zwar viel Natur, aber wenig Spielgeräte zu bieten. Also schraubte er aus Maschinenresten, Treckerachsen und - Zitat - »jeder Menge altem Prüddel« Schaukeln, Karussells, Spielhäuser und Wippen zusammen. Zur Freude seiner acht Enkel ließ er zudem unweit von Scheune und Werkstatt Ziegen grasen, Kaninchen hoppeln, und auch eine Schildkröte durfte nicht fehlen. Kein Wunder, dass sich die Dorfkinder am liebsten bei Bauer Christiansen trafen. Hier war immer etwas los.
Und wenn nicht, unterhielt der Bauer seine kleinen Fans mit allerlei Sammelnippes, Geschichten aus alter Zeit und Musik aus seiner »Quetschkommode«.
»Ich wollte an meinen Enkelkindern etwas gut machen«, erzählt er und fügt an: »Das Glänzen in den Kinderaugen macht süchtig. Und so habe ich immer weitergemacht.« Seine Leidenschaft und sein handwerkliches Können führten letztlich dazu, dass der Bauer immer weniger auf dem Trecker und immer mehr in der Werkstatt saß, um neue Attraktionen für Kinder auszutüfteln. Gut zehn fahrbare Rasenmäher wurden so zu sorgsam gedrosselten bunten Kinderautos, ein Pritschenwagen zum Feuerwehrauto, die Achse eines Mähdreschers zum Kettenkarussell. Die Kinder bedankten sich später, indem sie ihm ihre ausgedienten Kuscheltiere schenkten. Kein einziges ging verloren. Hunderte dieser bunten Freunde aus drei Generationen schmücken heute die Spielscheune ...

Jeder kennt Bauer Christiansen

Drei Jahre Probezeit nahm sich Christian Christiansen, bevor er Anfang der 80er Jahre ganz auf glänzende Kinderaugen setzte:
Der Kinderfreizeithof wurde offiziell als Gewerbe angemeldet und ein Großteil seines Landes verpachtet.
In der ganzen Region zwischen Flensburg und Husum gibt es kaum jemanden unter 30, der Bauer Christiansen im Laufe seiner Kindheit nicht irgendwann kennen gelernt hat.
Sein Hof genießt einen hervorragenden Ruf, und das, obwohl das riesige »Legoland« kaum eine Autostunde entfernt mit spektakulären Attraktionen lockt.
Doch während ein Tag dort einer Familie gut und gerne dreistellige Eurobeträge aus der Tasche ziehen kann, nimmt Bauer Christiansen gerade einmal fünf Euro pro Nase.
Und fährt Kinder wie Eltern zum Schluss mit seiner selbst gebastelten Bimmelbahn mit laut plärrenden Kinderhits durchs schöne Joldelund
Peter Beutgen