Husumer Nachrichten aus Norddeutschland, Seite 30, Donnerstag, 5.Oktober 2023 von Stephanie Kloster

Vier Jahrzehnte voller Abenteuer

Der Kinderfreizeithof des 86-jährigen Christian Christiansen in Joldelund ist nun Geschichte geworden.

Es ist ruhig geworden auf dem Kinderfreizeithof. Christian Christiansen steht im sogenannten Foyer, einem hohen großen Raum, dessen Wände voller Puppen, Plüschtiere und sonstigen Gegenständen hängen. Kicker, Spielpferd und Co. sind in den Raumecken verstaut - sie werden nicht mehr gebraucht. Alles zusammengetragen in gut 40 Jahren, die dieser Kinderort existierte. "Das ist mein Lebenswerk" - und man sieht Christiansen an, dass ihn das mit Freude und Stolz erfüllt.

Den meisten Nordfriesen muss man nichts über diesen Raum erzählen. Denn in all den Jahren waren rund vier Generationen Kinder hier, um mindestens einmal, wenn nicht öfter, einen glücklichen Tag zu verleben. Es rührt ihn, dass "noch regelmäßig Mütter anrufen, die selber als Kinder hier waren - und dieses Glück nun gern ihren Kindern zeigen würden." Er steht in einer großen Halle zwischen seinen Fahrzeugen - und erinnert sich an die Anfänge:

Seine älteste Enkelin - mittlerweile 48 Jahre alt - schwärmte damals in ihrem Kindergarten in Husum von dem tollen "Spielplatz", den ihr Opa gebaut hatte. Daraufhin nahm die Kindergärtnerin Kontakt zu Christiansen auf und fragte, ob sie mal mit den Kindern kommen dürfe. Für Christiansen kein Problem: Er lieh sich einen Bus und holte die Gruppe in Husum ab. "Da war auch eine Oma bei, und ich fragte mich, was die hier will", blickt Christiansen mit einem Schmunzeln im Gesicht zurück. Die "Oma" war wohl eine Dame von der Presse und berichtete von dem schönen Tag der Kinder in Joldelund. Und durch den Bericht kamen mehr Kindergärten. "So fing alles an.

Ich hatte Lust, etwas Neues zu machen, es war eine Marktlücke und ausbaufähig." Das bescherte ihm die Gunst der Gemeinde, "weil endlich mal einer was für die Kinder machte. Ich hatte drei Jahre ,Narrenfreiheit', um mich auszuprobieren, bevor ich ein Gewerbe anmelden musste." Christiansen baute peu à peu seinen Resthof um und gab die Landwirtschaft auf.

Hier in der Halle sind alle Fahrzeuge in Schuss und gut gepflegt - und viele davon würden auch die Herzen großer Jungs höherschlagen lassen. Ebenso wie Christiansens Herz vor Freude hüpft, wenn er mit einem verschmitzten Lächeln die ein und andere Anekdote erzählt: Wie er aus Rasenmähern Kinderfahrzeuge baute und woher er Spielgeräte und Motoren bekam. So auch das Feuerwehrauto, "auf dem die Kinder ihre erste Grundausbildung zu Feuerwehrleuten bekamen": Ein umgebauter Framo-Pritschenwagen, gleichzeitig das erste Fahrzeug, das nach der Öffnung der Grenze durchs Brandenburger Tor fuhr.

Und was passiert mit den tollen Fahrzeugen? Es gibt einige wenige Interessenten. Ein Däne hat schon einige Dinge gekauft und Interesse an den Kinderfahrzeugen gezeigt, "er will etwas, ähnlich dem Kinderfreizeithof, in Dänemark aufbauen". Nach Picknick-Raum und Foyer geht es nach draußen. Die Grillecke liegt, so Christiansen, "im Dornröschenschlaf". Die Grünflächen für die motorisierten Kinderfahrzeuge und der Rasen rund ums Karussell sind hochgewachsen: "Ich überlasse das nun der Natur", so sein Kommentar. Die Rutschen sowie die Manege der Ziegen-Show sind verwaist. Und die Tiere? "Die meisten Ziegen", sagt Christiansen, "sind im Himmel. Die drei übrigen kriegen hier ihr Gnadenbrot." Ebenso wie "Emma", die Schildkröte, die mit mehr als 100 Jahren Christiansen mit seinen 86 Jahren toppt.

Seit Corona nun ruht der Betrieb - und das wird so bleiben. Den alten Opel Rekord oder einen der Traktoren fährt er manchmal sonntags spazieren, ansonsten ist es still. Fast zu still für ein Kinder-Museum, dass er sich in diesem Räumen und mit all den Dingen vorstellen könnte. Aber das liegt nicht in seiner Hand: "Ich bereue nichts. Aber ohne meine Frau und ohne weitere Hilfe kann ich die ganze Arbeit nicht mehr leisten." Er ist froh und dankbar für all die Jahre, "die ich in Frieden leben durfte. Und ich bin dankbar für jeden Tag, den ich noch habe." Mit seiner lässigen und zufriedenen Ausstrahlung glaubt man ihm das aufs Wort - und wer weiß: Vielleicht erweckt einer seiner 16 Urenkel den Hof eines Tages aus dem Dornröschenschlaf.